Aufruf an die deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
Wir rufen die DGGG auf drei Reformschritte zur Stärkung unserer professionellen Autonomie zu gehen. Der Aufruf wendet sich an alle DGGG-Mitglieder und Interessierten, die wir erreichen können. Wir bitten Sie, den Appell an gynäkologische Kolleginnen und Kollegen weiterzuleiten. Über den Fortgang unserer Aktion werden wir auf diesen Seiten berichten.
Unsere Forderungen an die DGGG:
- Die DGGG-Jahrestagung muss von der pharmazeutischen Industrie entkoppelt werden
- Wer Interessenkonflikte hat, kann nicht Autor einer DGGG-Leitlinie sein
- Der DGGG-Kongress braucht ein Diskussionsforum zum Thema Interessenkonflikte
Die DGGG-Jahrestagung muss von der pharmazeutischen Industrie entkoppelt werden
Die Entwicklung der DGGG und des DGGG-Kongresses ist eine Erfolgsgeschichte. Das vielfältige Programm zieht Jahr für Jahr viel Teilnehmer an. Dabei ist aber leider nicht zu übersehen, dass zwei Anliegen auf DGGG-Veranstaltungen sich überschneiden:
wissenschaftliche Fortbildung und pharmazeutisches Marketing
Gemessen an der Finanzierung des Kongresses herrscht nahezu Parität zwischen den beiden. Die Wechselseitige Überlappung ist hoch, erkennbar teilweise an Botschaften im Satelliten- und Fortbildungsprogramm. Die vortragenden Gynäkologen halten zwar selten offensichtliche Werbevorträge, keinesfalls bewerten sie aber die Produkte des Geldgebers negativ. Damit droht das kritische Potenzial aus der deutschen Gynäkologie herausgekauft zu werden.
Immer dominanter wird wird dafür ein Diskurs zugunsten hochpreisiger neuer Medikamente. Die Erkenntnis, dass Nutzen und Schaden neuer Pharmaka erst nach 5 bis 10 Jahren zuverlässig bestimmbar sind, droht in Vergessenheit zu geraten. Durch die gestaltende Gegenwart der Pharmaindustrie beim DGGG-Kongress wird unsere wissenschaftliche Meinungsbildung und damit unsere professionelle Autonomie gefährdet.
Das bisherige Model stößt auch deshalb an seinen Grenzen, weil auch die Politik immer wieder signalisiert, dass die enge Verflechtung von Medizin und Industrie nicht toleriert wird. Nach dem bekannten Urteil des Bundesgerichtshofes zur Annahme von Pharmageldern, fordern Presse und Politiker immer wieder neue gesetzliche Regulierungen, um den Industrieeinfluss auf die Ärzteschaft zu begrenzen. Dass es auch ohne geht, hat 2011 die American Psychiatrie Association gezeigt, als sie erstmals ihren nationalen Kongress ohne Pharmagelder und ohne Satellitsymposien auf die Beine stellte. Wir appellieren an die DGGG, diesem Beispiel zu folgen.
Wer relevante Interessenkonflikte hat, kann nicht Autor einer DGGG-Leitlinie sein
Interessenkonflikte sind nicht verwerflich, sie gehören zu unserer Berufswelt. Selbstverständlich braucht es Ärzte, die mit der Industrie zusammenarbeiten, beispielsweise zur Entwicklung und Erprobung neuer Medikamente. Problematisch ist es, wenn Ärzte in Leitlinienkommisionen Medikamente, Methoden und diagnostische Maßnahmen bewerten, von deren Produzenten sie Geld oder andere Vorteile angenommen haben. Solche Interessenkonflikte sollten von jeden Nutzer nicht nur erkennbar offengelegt werden, sonder auch Konsequenzen mit sich ziehen, z.B. den Ausschluss aus wesentlichen Leitliniengestaltungen und -entscheidungen.
Inzwischen fordern sowohl das amerikanische Institut of Medicine (IOM) der National Academy of Sciences als auch die AWMF das aktive Management von Interessenkonflikten, das über deren bloße Deklaration hinausgeht. Dieser Schritt ist notwendig, weil eine Befangenheit ja nicht damit endet, dass man sie bloß erklärt. Der Angeklagte in einem Prozess kann nicht als Richter seines Prozesses auftreten. Dementsprechend sollen nach den Richtlinien des IOM und der AWMF Autoren mit relevanten Interessenkonflikten nicht an der Bewertung der Evidenzen und der Konsensfindung mitwirken. Diesen Kriterien werden auch zukünftige DGGG-Leitlinien genügen müssen, schon um Aufnahme in das AWMF-Register zu finden. Wir brauchen eine Gewaltenteilung zwischen Ärzten, die mit der Industrie kooperieren und solchen, die die Leitlinie verantworten, um unsere Patientinnen vor Fehlbehandlungen zu schützen und den Verdacht finanziell motivierter Empfehlungen gar nicht erst aufkommen lassen. Dabei geht es um den guten Ruf unserer Leitlinien und auf der Wissenschaft basierte Entscheidungen.
Der DGGG-Kongress braucht ein Diskussionsforum zum Thema Interessenkonflikte
Wir wollen den Umgang mit Interessenkonflikten in unserer gynäkologischen Facggesellschaft diskutieren, um Problembewusstsein zu entwickeln und Lösungen zur finden. wenn wir die eine Diskussion vermeiden, werden und die Entwicklungen von aussen einholen, durch Presseberichte, Gerichtsurteile und unerwünschte politische Reglementierungen.